Das ruhelose Meer
Liebst du es auch, das ruhelose Meer,
das seinen Silberschaum dir vor die Füße legt?
Du siehst der Jugend zu, wie sie sich tummelt,
wie sich so mancher schokoladenbraune Körper
den anstürmenden Wellen an die Brust wirft,
mit ihnen hochsteigt, um dann zu verschwinden…
Erst nach geraumer Zeit hebt sich dann ein Kopf
aus diesem tollen Kessel, Atem schöpfend…
…Blickst du vom Schiff her auf die dichtbelegten Ufer,
so sieht es aus, als wolle sich der Sonnenkoch
in seiner Sommerpfanne Würstchen rösten…
Du liegst auch selbst geduldig in dem Riesentiegel
und speicherst Wärme für den langen Winter auf…
Wie doch die Jugend lachen kann – so unbeschwert!
Wie sie der Glieder edles Ebenmaß der Sonne bietet!
In allen Augen helle Lebensfreude leuchtet.
Ich wärme meine Seele an dem Glanz…
In unsre Jugend brach brutal die Sturmnacht
eines Krieges ein. Lang war der Weg aus jener
Juninacht bis zu dem Friedensmorgen im Mai…
Ein grauenvoller Weg…
Nelly Wacker (* 20. Oktober 1919 in Hohenberg bei Simferopol, Krim; † 26. März 2006 in Köln)
aus:
Es eilen die Tage…, Nelly Wacker, Gedichte
Landsmannschaft der Deutschen aus Rußland, 1998
ISBN 9783923553150