Die Reste eines alten Krieges

Die Reste des alten Krieges sind noch nicht ganz verschwunden. Einige Jahrzehnte Ruhe, mehr ist es nicht. Es ist noch nicht so lange her, nur wenige Generationen, da sahen die Straßen von Hamburg ebenso aus wie die von Mariupol, Bakhmut oder Cherson heute. Klaffende Lücken zwischen den Ruinen. Traurige Trümmer*. Überall Steinhaufen, zerrissene Stoffe. Scherben und Blut. Keine Orte für Menschen.
Eine alte Oma aus dem ukrainischen Tschassiv Jar sagte kürzlich einem Reporter gegenüber, sie fühle sich wie in der Hölle.


Wie lange wird es diesmal dauern, bis die sichtbaren Wunden geschlossen sind. Von den unsichtbaren ganz zu schweigen. Wie lange wird dieser vom Kreml immer wieder als militärische Operation bezeichnete Angriff nachwirken? Eine Operation, die Wunden schafft in Städten, Körpern und Seelen der Menschen. Die Auswirkungen werden lange spürbar bleiben, nicht nur in der Ukraine, nicht nur in dem Land, dass der russische Präsident überfallen hat, sondern auch in seinem eigenen.

Legen sich die neuen Wunden über die anderen, älteren? Oder werden die alten Wunden dadurch erst aufgerissen? Das Trauma bei denen, die schon den letzten Krieg erlebt hatten, wird reaktiviert.
Den Alten geht es nicht gut. Die Alpträume sind wieder da.

Doch, solange die Bombenkrater rauchen, ist das eine nebensächliche Frage. Der Krieg muss beendet werden. Darin sind sich alle einig. Dennoch dauert er an. Dauert die Zerstörung an. Die Flucht. Der Tod.

Ich werde nach meiner Meinung gefragt. Meine persönliche Meinung. Als ob das von Bedeutung wäre. Ich werde als etwas zu Russland Gehöriges erkannt und soll Position beziehen. Als ob das am Ausgang des Krieges was ändert, wie ich denke.

Doch dieser Krieg ist nicht nur ein Gemetzel mit Waffen, sondern auch mit Informationen. Es wird versucht, in unsere Köpfe zu kriechen, um dort Stimmungen zu erzeugen. Ich benutze hier die passive Form, weil es ein vielköpfiges, virales Etwas ist, kein eindeutiger Feind, keine Person, kein Gegenüber, mehr so ein Nebel aus Falschinformationen und Gegendarstellungen. Gelenkte Information, eine allgemeine Verunsicherung, und zwar nicht die erste, die es gab.

Außerdem, eine Meinung ist vielleicht nicht wichtig, aber wenn aus vielen Tausend Meinungen eine Masse erzeugt wird, dann gewinnt sie doch Gewicht, dann wird sie zu einem kalkulierbaren Werkzeug. Denn Masse lässt sich manipulieren, Masse lässt sich vereinnahmen und bewegen, wenn auch schwer. Aber wenn sie mal in Fahrt kommt, ist sie schwer aufzuhalten.

Klar ist es nicht leicht, dem auf den Grund zu kommen, was gerade wirklich geschieht, was wahr ist, oder was nur als Mittel zum Zweck der Gefolgschaft dient.

Kann Meinung, als Meinung einer einzelnen diesem Informationsfluss was entgegensetzen? Auch wenn sie an sich nicht wichtig ist. Unterzugehen droht im lauten aufgeregten Geschrei. Leiser ist als die derjenigen, die Straßendemos organisieren, die so überzeugt ihre Meinungen hinausdröhnen und nicht merken, dass es doch nur Parolen sind, dass sie einem Fänger auf den Leim gehen. Sollen sie sich benutzen lassen. Irgendwann gibt es ein böses Erwachen. Hoffentlich.

Vor Wochen war ich bei einem Seminar mit lauter jungen Leuten aus der rd community. Sie waren verzweifelt, denn der Informationskrieg hat tiefe Breschen in ihre Familien geschlagen. Alle Familien waren betroffen. Meine Aufgabe war es, einige Erklärungen zu präsentieren, weshalb Verwandte, Freunde, nicht nur ältere, auch viele Junge sind darunter, so empfänglich für Putins Propaganda sind. Wie es zu diesem Konflikt der Generationen kommen konnte. In manchen Familien wird nicht mehr über die Ukraine gesprochen. In anderen wird noch immer heftig gestritten. Besonders zwischen der Kinder- und der Elterngeneration. Aber nicht immer sind diejenigen, die eine vom Kreml gestreute vertreten, älter. Nicht immer. Aber oft.

Ich habe nicht gesagt: kehrt der Familie den Rücken. Basta. Macht euer Ding. Das ist zwar legitim, aber nicht für alle machbar. Obwohl, wenn ich so recht drüber nachdenke. Generationenkonflikte gab es schon immer, seit den alten Griechen und noch davor. Die Jungen haben anders gedacht, die Jungen mussten in die Welt, raus aus der Sphäre der Alten. Das ist normal.

Aber wenn sich Kriegsmächte in die Familien einmischen, ist nichts mehr normal. Und in der seltsamen abgeschotteten Geschichte der RD ist der Generationenkonflikt anders. Nicht wie bei den Hiesigen und ihren Achtundsechziger-Eltern.

Zunächst ist da die Frage der Generationen. Meine These ist, bei Russlanddeutschen es nicht nicht nur der Konflikt zwischen zwei aufeinanderfolgenden Generationen. Diejenigen, die hier sozialisiert wurden oder hier geboren sind, sind mindestens drei Generationen von ihren Eltern entfernt. Mindestens.
Durch die konservierte Kultur innerhalb der zum Teil abgeschotteten deutschen Gemeinschaften vor dem Zweiten Weltkrieg, sind einige auf dem Stand von 1860 geblieben. Andere sind bei 1920. wieder andere in den 1950erjahren angekommen. Diese Siedlungen waren Konserven, die keine Luft und wenige Einflüsse hineingelassen haben. Und nach dem Krieg, in der Gefangenschaft, auch da war nichts mit Revolution. Mit freier Liebe. Mit niederreißen von Zäunen. Wie denn, wenn du hinter Stacheldraht gefangen bist. Abgeschnitten von allem.

Steile These? Vielleicht.
Aber allein der Wechsel der Systeme, die meisten der Elterngeneration sind in einem anderen System aufgewachsen, ist ein tiefer Abgrund. Und ich werte nicht. Es war einfach anders. Eine andere Welt. Aber egal, wie ich das bewerten würde, der Sowjetstaat war ebenfalls abgeschottet. Es ist wie im eigenen Saft schmoren. Nur wenige durften raus.

Konserve ist ein gar nicht so falsches Bild dafür. Es hat sich eine eigene Kultur ausgebildet, nicht schlechter, nur anders, die Verbindung, der Fluss und der Austausch mit anderen Ländern waren erschwert. Die Jugend damals war hungrig nach frischen Ideen. Alle jagten nach Platten aus dem Westen, obwohl sie verpönt war und anfangs sogar verboten. Abba im Radio, das war schon später.

Ich spreche jetzt für die zweite Generation der Russlanddeutschen hier, oder die anderthalbte. Die meisten unserer Eltern kamen als junge oder erwachsene Menschen in ein neues System. In ein fremdes Land. Das sie nicht mit offenen Armen empfangen hat. Das sie nicht anerkannt hat. So hingen sie lose im Raum. Weder dort zugehörig, noch hier.

Erst vor kurzem war im swr Fernsehen eine Doku zu sehen, wo es hieß: Die Russlanddeutschen. Sie leben unter uns, sie arbeiten bei uns, aber gehören sie wirklich dazu? So oder so ähnlich. Keine Lust, das jetzt nachzuschauen.
Wir waren, und wir sind noch immer Fremdkörper. Also ich würde mich nicht wundern, wenn sich einige dadurch nicht gerade angespornt fühlen, sich zu integrieren. Wenn sie sich dem alten, dem ursprünglichen System zuwenden. Es sind so viele Kränkungen entstanden. Und Kränkungen sind nicht zu unterschätzen.

Damals, 2016, als der Skandal um die angebliche Vergewaltigung einer Teenagerin aus Berlin unsere community erschütterte, sprach der russische Außenminister Lawrow, der nämliche wie heute, von „unserem“ Mädchen Lisa.
Was bedeutet im Klartext: Wir haben euch im Blick. Wir haben euch nicht vergessen. Ihr gehört zu uns.
Wenn das keine Drohung ist. Und ein Rattenfängertrick.

Die erfahrene Kränkung, dieses Nichtdazugehören der Neuangekommenen ist ein starkes Plus für die russischen Machthaber. Da hätte Deutschland etwas sensibler und klüger handeln müssen. Statt dessen haben als viele von uns kamen, windige Demagogen den Fremdenhass zu lenken gewusst und so Wählerstimmen für sich gewonnen. Ich denke da nicht nur an Lafontaine. Auch Norbert Blüm hat mal etwas von „deutschem Schäferhund“ gefaselt. Selber Schuld.

Es gibt noch andere Gründe für eine Zuwendung zu Russland, dem Nachfolgestaat der Sowjetunion. Nicht alle sind gleich gewichtig. Nicht alle will ich hier aufzählen.

Mittlerweile denke ich, dass einer der wichtigsten Gründe die Unwissenheit über die eigene Geschichte ist.
Woher sollen sie sie auch kennen? Man muss sich schon aktiv darum bemühen. Oder das zweifelhafte Glück haben, dass die Alten erzählen.

Die meisten Russlanddeutschen, die hier leben, kennen ihre eigene Geschichte nicht. Weil sie nicht vorkam. Dort nicht. Und hier auch nicht. Die Alten, die Erlebnisgeneration redete nicht, aus Scham, aus Schmerz, weil sie keine Worte für die Schrecknisse hatte. Weder in den Schulbüchern noch im Diskurs kommen wir groß vor. Rausgefallen aus der Gesamtgeschichte. Was ein Glück für die russische Propagandist*innen. Da haben sie ein leichtes Spiel.

So kommt es, dass diejenigen, die Stalin verherrlichen plötzlich eine Option sind. Dabei war es dieser schnurrbärtige Onkel, der alle ins Lager gesteckt hat. Auch die wolgadeutsche Oma, auch die ukrainedeutschen Großeltern auch die Vorfahren aus den deutschen Dörfern auf dem Kaukasus.
Mit denselben menschenverachtenden und entwertenden Mechanismen, wird und wurden Gründe gefunden, andere Gruppen zu diskreditieren. Unter Stalin wie unter Putin. Es ist das Gleiche in Grün. In Z. Nur dass die jetzigen zu verdammenden Gruppen das ukrainische Volk, LGBTQ-Leute oder der Westen allgemein sind.
Doch wer diese Mechanismen nicht kennt, wer für die eigene Geschichte blind ist, wird den listigen Worten glauben.

Natürlich ist die entfesselte zielgerichtete Propaganda auf allen Kanälen die die russische Regierung, trotz Sanktionen streut, ein sehr wichtiger Baustein. Sie säen Desinformation, sie säen ihre Sicht der Dinge, egal ob sie zutrifft oder erlogen ist.
Aber es muss etwas da sein, was empfänglich ist, damit diese Saat aufgeht. Und anscheinend geht sie auf. Gekränkte Identität, Unwissenheit der eigenen Geschichte. Eine Verklärung der heilen Kindheit in der Sowjetunion. Der Verdacht, dass der Westen seine eigene Wahrheit erzählt. Tut er. Es ist auch gut, alles zu hinterfragen. Aber bitte nicht, in dem man sich der nächstbesten Diktatur in den Rachen wirft.

Wie aber damit umgehen? Was tun, wenn im Freundeskreis und in der Familie die Narrative des Kreml verteidigt werden? Ihnen allen den Rücken drehen? Über seinem Teller mit Pelmeni beim nächsten runden Geburtstag den Groll runterschlucken und schweigend nicken?

Es gibt drei Wege. Trennung. Selbstverleugnung oder ewiger Streit. Nicht so schön, aber so sind nunmal die Möglichkeiten. Doch das habe ich nicht gesagt.
Das ist es nicht, was ich allen auf den Weg geben wollte. Sondern folgendes: Bildet Banden! Sucht euch Gleichgesinnte. Wenn ihr euch informiert, werdet ihr merken, dass es nur wenige sind, nicht die Mehrheit, die der Kremlpropaganda auf den Leim gehen oder die von ihm korrumpiert lauthals seine verdrehten Wahrheiten hinausschreien. Es ist nicht die große Mehrheit. Sucht die anderen, vernetzt euch mit ihnen.

Weiterer Punkt: die eigene Geschichte kennen. Dann kann dir niemand erzählen, wer und was du sein sollst. Das eigene Selbstbild stärken ist wichtig.

Es kostet außerdem viel Kraft Solange diese vorherrschende Spannung aushalten zu können. Also Kraft sammeln. Gut zu sich sein.

Es gibt genug fernöstliche oder fernwestliche Techniken, um zu lernen, den eigenen Raum einzunehmen, für sich einzustehen, im Gleichgewicht zu bleiben. Egal, ob Yoga, Kampfsport oder Haka. Von mir aus auch Tango oder Gesang oder kontemplative Meditation. Alles was die eigene Wahrnehmung stärkt, alles was den eigenen Raum festigt, ist förderlich.

Was noch? Wenn Argumente nichts fruchten? Wenn sich alle mit vermeintlichen Fakten zu überschreien versuchen?

Aushalten. Abwarten. Ausharren und versuchen, sie alle dennoch irgendwie zu lieben.
Die Zeit wird nicht alle Wunden heilen, aber auch dieser Krieg hat irgendwann ein Ende. Irgendwann können wir uns um die Ruinen kümmern. Aufräumen, sortieren und die Spuren des Krieges beseitigen, der dann seinerseits zu einem alten Krieg geworden sein wird.

Nummer fünfzig

Ein gewiefter Hacker entwickelt die Software mit der Bezeichnung DictatoR_EX, die *Vorname und Nachname des Diktators* aus allen Texten im Netz entfernt. Und als Zusatzfeature sein Konterfei aus allen Bildern, die es gibt, wegretouchiert. Weltweit. Galaxisweit. Universumweit.

Online, aber mit Hilfe von Nanorobotern auch offline. Tausende dieser kleiner Roboter werden dafür benötigt. Sie sind mit kleinen Nano-Radiergummis und winzigen Nano-Tipp-Ex-Bürstchen ausgestattet und sobald der Name oder das Gesicht des Diktators auftaucht, werden sie aus allen Zeitungen, Büchern und Gemälden einfach ausradiert oder überpinselt. Und durch Blumenbilder ersetzt. KI kann das.
Das ist zwar ganz schön viel Arbeit, aber danach ist es, als hätte es ihn nie gegeben.

Nummer neunundvierzig

Der Diktator gerät in einen Strudel. Und ich meine damit nicht den mit Rindfleisch und Soße oder die süßen Strudel mit Marmelade. Nein. Es ist ein wirbelsturmmäßiger Strudel bestehend aus den vielen Entscheidungen, die er getroffen hat. Die ihn immer weiter von dem entfernen, wer er eigentlich war, so als Mensch. Eingesogen in diesen Taifunwirbel wird er glattgeschliffen. Je tiefer er hineingerät, desto mehr entwickelt er sich zu der Schablone eines absolutistischen Machthabers. Mit einer aufgetürmten Perücke und weißen Stümpfen und so hochhackigen Schuhen mit silberner Schnalle. Fehlt nur noch ein Leberfleck als Schönheitspflaster.

Wie bei den Wirbelwinden üblich, ist es in der Mitte sehr still. Als der Alleinherrscher dorthin gelangt, gibt es einen kurzen Moment der Besinnung und dann verschwindet er aus dieser Dimension.

Nummer achtundvierzig

*Vorname und Vatersname des Diktators* schleicht sich aus seiner Residenz in *schicker Vorort der Hauptstadt*. Heimlich bei Nacht. Er trägt einen Kapuzenpulli und eine dieser Camouflagejacken, wie sie von Jägern oder Anglern bevorzugt werden. Er schleicht sich aus dem Vorort, schleicht sich aus dem Gebiet, und weil die Straßen hier so schlecht sind, zockelt er weiter, tagelang, bis er nach langer Wanderung in das abgelegenste Dorf am Rande seiner Diktatur gelangt. Das letzte Stückchen legt er sogar per Boot zurück, denn Straßen gibt es hier nicht.

In dem abgelegensten Dorf mit nicht mehr als sechs Seelen, klopft er an eine Tür und verspricht den Anwohnern viel Geld, sehr viel Geld, wenn sie ihm eine der Hütten überlassen und niemandem davon erzählen. Wirklich niemandem.

Unter dem Decknamen Onkel *Diminutiv des Vornamens* lebt er dort unbehelligt bis an sein Lebensende, jagt, angelt und sammelt im Herbst Pilze.

Zwanzig Jahre später verlaufen sich Dokumentarfilmer an diesen entlegenen Ort. Sie finden asphaltierte Straßen vor, einen kleinen Landeplatz und einen Marmorspringbrunnen mit kleinen Putten in der Mitte des Dorfplatzes.
Vor einer Hütte, die wie ein venezianischer Palast in Miniatur aussieht, sitzt eine alte Frau mit schickem Pagenkopf und geraden weißen Zähnen.
Das Filmteam staunt nicht schlecht. Die Alte erklärt, sie sei bereits sieben Mal in Venedig gewesen und die Stadt habe sie so beeindruckt, dass sie Luigi, ihren Hausarchitekten, beauftragt habe, ihre eigene Hütte ein wenig aufzupeppeln.

Auf die Frage, woher der Reichtum des Dorfes komme, antwortet sie, jetzt kann ich es Ihnen ja sagen, der Gute ist schon längst von uns gegangen. Irgendwann einfach in die Wildnis raus und ist nicht wiedergekehrt. Gefunden haben sie ihn auch nicht mehr. Einfach verschwunden, unser Onkel *Diminutiv des Vornamens*. Angenehmer Mensch. Sehr ruhig, sehr tierlieb.

Nummer siebenundvierzig

Alter Witz, noch immer aktuell:

Ein Mann kommt jeden Morgen zum Kiosk, kauft eine Zeitung, schaut auf die erste Seite und wirft die Zeitung in den Mülleimer.
Das geht so einige Wochen.

Der Verkäufer fragt ihn: „Warum tun sie das?“
Er antwortet: „Ich warte auf eine Todesanzeige.“

„Die stehen doch nicht auf Seite eins.“

„Die, auf die ich warte schon.“

Nummer fünfundvierzig

Es war die Parade zum wichtigsten Feiertag des Landes, dem Tag des Sieges. Bevor der Präsident auf der Empore am zentralen Platz der Hauptstadt seine Rede hält, geht er medienwirksam die Reihe der ordenbehangenen Veteranen und der beiden Veteraninnen ab und lässt sich von ihnen die Hand schütteln. Das ist der erste Fehler. Ein Greis, dessen eine Gesichtshälfte in dem alten Krieg von einem Geschoss zerfetzt worden war, ergreift seine Hand, als wäre sie ein rettender Anker und hört gar nicht mehr auf, sie zu schütteln. Die Lippen des Mannes bewegen sich, er redet und redet. Er scheint nicht zu merken, dass sein Tyrann weiter will, dass er es eilig hat, schnell auf das Podest will, wo ein kleiner Hocker für ihn aufgestellt ist, damit er von unten imposant wirkt und nicht wie einer, der kaum über den Rand der Ballüstrade hinwegsehen kann. Auch das mit dem Hocker wird sich als ein grober Fehler erweisen.

Üblicherweise werden für diese Veranstaltung alle Veteranen, die noch übrig sind, handverlesen. Es sollen ja regimetreue Anhänger und nicht irgendwelche verbitterte Stinkstiefel sein, die unpatriotische Zweifel hegen. Doch leider haben die Wachkräfte an diesem Tag etwas übersehen. Eine der beiden Omas wurde nämlich vom geheimsten aller Geheimdienste dem HNaA ausgetauscht, als sie auf die Damentoilette ging. Sie wurde gefesselt und geknebelt und eine andere hat ihren Platz eingenommen. Eine Alte sieht aus wie eine andere. Und wird auch gar nicht so genau angeschaut. Auch das erweist sich als fatal.

Genau darauf haben die Österreicher spekuliert und ihre beste Doppelagentin ins Rennen geschickt, die schon im kalten Krieg für den Westen spioniert hat und sich auf ihre alten Tage als Besitzerin eines exklusiven Nagelstudios in der Hauptstadt des Regimes niedergelassen hat.

Als der Potentat an ihr vorbeigeht, und ihr die Hand schütteln will, ergreift sie mit beiden Händen seinen ganzen Arm. In diesem Moment sticht sie mit einer feinen Giftnadel, die an ihrem Kunstnagel befestigt ist, durch den teuren Despotenmantel hindurch in des Despoten Arm. Er merkt nichts.

Das Gift breitet sich langsam aus, während er zur Tribüne schreitet und huldvoll auf die Masse herabschaut. Der Diktator räuspert sich, beginnt seine Rede darüber, wie er zwei Brüdervölker vereinen will, von denen eins gar nicht vereint werden will. Nein, sowas aber auch. Auf einmal gibt er so einen kleinen erstickten Laut von sich und kippt über das Steingelände, von dem aus schon seine diktatorischen Vorgänger den Massen zugewunken haben, sechs Meter in die Tiefe.

Genau in diesem Augenblick schreit die versammelte Menge: Urrrraaa! Urrrrraaaa! Urrrrrraaaaaa!

Nummer zweiundvierzig

Bleiben wir bei Twitter. Nein, nicht was ihr jetzt denkt, Elon Musk hat nichts damit zu tun. Irgendwann letztes Jahr kursierte bei Twitter die folgende Frage:
Welcher Satz ließe sich gleichermaßen nach dem Sex und beim Begräbnis des Despoten sagen?

Hier einige der Antworten:
НАДЕЮСЬ ОН ОБРАТНО НЕ ВСТАНЕТ!
Hoffentlich kommt der nicht mehr hoch!

Че так долго собирался?
Warum hat er nur so lange gebraucht?

И это все?
Das wars also?

Volga German Research

Volga German Genealogy & More

Yupedia

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